Saatmuschelgewinnungsanlagen SMA
Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung
Die Miesmuschelzucht im schleswig-holsteinischen Wattenmeer basierte in der Vergangenheit auf der sogenannten „Besatzmuschelfischerei“ im nicht trocken fallenden (sublitoralen) Bereich des Wattenmeeres.
Dichte Ansiedlungen von ganz jungen Miesmuscheln am Wattboden wurden befischt und dann in geringerer Dichte auf Muschelkulturbezirken (MKB) ausgesät, wo sie dann im Laufe der folgenden Monate zur Vermarktungsreife heranwachsen. Allerdings hatte sich der Bestand dieser Jungmiesmuschelbestände seit 2001 verringert und ab 2006 wurden keine fangreichen Bestände im Wattenmeer entdeckt. Zwar wurden am Boden kleinste Miesmuscheln gesichtet, aber bevor sie eine ausreichende Größe erreichten, waren sie wieder verschwunden.
Andererseits wurde beobachtet, dass z.B. an schwimmenden Seezeichen eine dichte Miesmuschel- besiedlung zu finden war, am Boden darunter jedoch keine Besiedlung.
Damit liegt der Schluss nahe, dass die jüngsten Muscheln am Boden einem Wegfraß unterliegen, während dies in der Nähe der Wasseroberfläche nicht der Fall ist. In Betracht kommen am Boden lebende Tiere, wie Strandkrabbe und Nordseegarnele, deren Bestände in den letzten Jahren stark angestiegen sind.
Die Muschelfischer haben versucht, den Mangel durch den Import von Besatzmuscheln auszugleichen. Das wird zukünftig aufgrund der Rechtslage wahrscheinlich nicht mehr möglich sein. Als Alternativen zur herkömmlichen Besatzmuschelfischerei oder zu Besatzmuschelimporten werden aufgrund aus der Erfahrungen in den Niederlanden Saatmuschelgewinnungsanlagen (SMA) in ausgewählten Meeresgebieten ausgelegt.
Die Technik
Saatmuschelgewinnungsanlagen sind stabile Gerüste, die in der Nähe der Wasseroberfläche schwimmen und fest verankert sind. Sie werden durch lange Kunststoffrohre oder viele Kunststoffbojen mit Gewichten in ihrer Position gehalten. An diesen Tauen oder Netzen siedeln sich jahreszeitlich bedingt die Miesmuschellarven an und entwickeln sich zu jungen Miesmuscheln. Mit speziellen Maschinen werden sie schonend abgeerntet und zum Besatz der Muschelkulturbezirke MKB verwendet. Diese Saatmuschelgewinnungsanlagen benötigen einen seegangsgeschützten Standort, der auch genügend Wassertiefe aufweist, damit die Netze bei Niedrigwasser im Wattenmeer nicht den Boden berühren. Ebenfalls müssen diese Anlagen der Strömungsrichtung angepasst werden und genügend Abstand untereinander aufweisen, damit die Fahrzeuge zwischen den einzelnen Netzen hindurch fahren können, um sie abzuernten.
Versuche haben gezeigt, dass bei optimalen Bedingungen ungefähr zwischen 8 bis 15 t Jungmuscheln von einer Anlage abgeerntet werden können. Somit ist die Wahl der Standorte im Wattenmeer von großer Bedeutung und erfordert viel Sorgfalt in der Bewirtschaftung und Pflege der Anlagen. Auch gibt es ganz offensichtlich über die Kriterien wie Wassertiefe und Schutz vor Seegang hinaus noch bestimmte, bislang weitgehend unbekannte Standortbedingungen, die erfüllt sein müssen, um für den Betrieb von derartigen Anlagen geeignet zu sein.
Heute weiß man, dass der Bereich östlich von Hörnum bis etwa zur Mitte des Hörnumtieffahrwassers dafür besonders geeignet ist. Im Bereich Büsum wurden in den vergangenen zwei Jahre Erkenntnisse gewonnen, nach denen bislang alle erprobten Standorte grundsätzlich für den Betrieb von SMA geeignet erscheinen.
Allerdings ist der Einsatz derartiger Anlagen begrenzt, da die Gebiete auch von anderen Nutzern, wie z.B. der Krabbenfischerei genutzt werden. Die Gebiete, auf denen die Bodenkulturen der Miesmuscheln liegen, können von diesen nicht genutzt werden. Der Büsumer Raum aber hat für die Krabbenfischerei eine ganz besondere Bedeutung, da nach wie vor viel im Rinnensystem gefischt wird. Eine starke Behinderung durch die Muschelkulturwirtschaft wäre hier nicht vertretbar, weswegen es im Rahmen der Genehmigungsverfahren Absprachen und Kompromisse zwischen beiden Nutzergruppen gab. Die Erfahrungen bei der bisherigen Ausweisung von Muschelbewirtschaftungsgebieten haben gezeigt, dass es im Büsumer Raum durchaus möglich ist, Flächen für die Muschelkulturwirtschaft einzurichten, ohne dass es zu erheblicher Beeinträchtigung der Belange der Krabbenfischerei kommt, z.B. durch Einhaltung gewisser Mindestabstände zu wichtigen Schleppstrichen. Insgesamt wollen die Muschelfischer eine noch bessere Abstimmung mit den Krabbenfischern und strategische Allianzen zur Verfolgung gemeinsamer Interessenlagen bei einer nachhaltigen Nutzung des Wattenmeeres im Sinne des von der EU gewollten „blue growth“ im Rahmen der integrierten Meeresstrategie erreichen.
Das Verfahren zur Errichtung einer SMA besteht also zunächst in der Auswahl eines Standortes, der hinreichende Wassertiefen, hinreichenden Schutz vor Seegang und hinreichende Ansiedlungsraten bietet. Danach wird geprüft, ob die erforderliche strom- und schifffahrtspolizeiliche Erlaubnis erteilt werden kann. Erst dann kann eine fischereirechtliche Erlaubnis bei der obersten Fischereibehörde beantragt werden. Diese prüft, ob die Belange der übrigen Fischerei, der Gemeingebrauch an den Küstengewässern, Belange des Insel- und Küstenschutzes oder des Naturschutzes erheblich beeinträchtigt werden.
Auch die Vertreter der übrigen Fischerei werden an der Entscheidung über die Erlaubnis beteiligt, d.h. sie bekommen Gelegenheit, sich zu den vorgeschlagenen Standorten zu äußern und ihre etwaigen Bedenken vorzutragen.
Die bisher vorliegenden Erfahrungen mit der Beteiligung der Krabbenfischerei an der Entscheidung über die genaue Lage von MKB und SMA sind durchaus positiv, da es in fast allen Fällen zu einer Lösung kam, die besonders wichtige Schleppstriche oder Gebiete frei von MKB oder SMA frei gehalten hat.
Die Erprobung der Saatmuschelgewinnungsanlagen muss wissenschaftlich begleitet werde. Nach zwei Jahren erstellt die Erzeugerorganisation einen ersten Erfahrungsbericht über den Erfolg der Anlagen, der den beiden Kuratorien des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zur Verfügung gestellt wird.